Demo in Bonn: Rote Linie gegen Kohle

Nach der großen Friedensdemonstration 1983 war war ich am 4. November 2017 wieder in Bonn. Mit 25.000 Menschen demonstrierte ich für den Kohleausstieg. Anlässlich der Klimakonferenz in Bonn, die offiziell vom Pazifikstaat Fidschi ausgerichtet wird, waren auch viele Aktivisten aus vom Klimawandel bedrohten Inselstaaten angereist.

Sapperlot, da habe ich tatsächlich meine Hunsrücker von Höhenwind übersehen, aber es war auch echt voll. Diese Foto ist von Thomas Bernhard.

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Thomas Bernhard schreibt dazu: „Liebe MitstreiterInnen, im Anhang einige Fotos. Beeindruckt haben mich als Redner vor allem Hubert Weiger in seiner Klarheit, die Verfehlung der Klimaziele anzuprangern, die junge Frau aus Mozambique (friends of the earth) die klar machte, dass alle Kohle die bei ihnen gefördert wird direkt nach Europa geht und sie selbst keine Energie haben. Anschließend kommt der Klimawandel zurück. Die junge Aktivistin von “Ende Gelände”, die sagte dass es Zeit wird seine eigenen Körper gegen die Bagger zu stellen. Der Amerikaner, der deutlich machte, dass in seinem Land die Kohle gegen die Erneuerbaren schon keine wirtschaftliche Chance mehr hat und Kohlekraftwerke abgeschaltet werden – egal was Trump redet. Und Christoph Bautz von “Campact”, der die hohlen Phrasen von erfolgreicher Klimapolitik unserer Regierung anprangerte. Tatsächlich fallen ALLE Entscheidungen gegen das Gemeinwohl, bei der Dieselaffäre, bei der Förderung der Erneuerbaren, bei der Kohle. Immer für die Industrie. Und das müssen wir ändern. Schön, dass wir da waren und Flagge gezeigt haben – oder Schilder Grüße, Thomas Bernhard

Bonn20171104_151432Berichterstattung in der Tagesschau:

Zu der Demo hat ein Bündnis aus Umweltorganisationen wie Greenpeace, BUND, Nabu und Campact aufgerufen. Laut Veranstalter kamen 25.000 Menschen – weit mehr als erwartet.

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Die Weltklimakonferenz findet 2017 nur wenige Kilometer entfernt von Europas größter CO₂-Quelle statt, dem Braunkohlerevier im Rheinland. Dies nahmen wir zum Anlass, unsere Forderungen – insbesondere an die neue Bundesregierung – mit einer großen, bunten, internationalen Demonstration auf die Straße zu tragen: Für einen schnellen und sozialverträglichen Kohleausstieg und eine entschlossene und gerechte Klimapolitik hier und weltweit.

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Es ist zum heulen. Das Land der Dichter, Denker und Hochtechnologie ist Weltmeister in dreckiger Braunkohle.

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Werner Vogt von Höhenwind: “Wichtig ist jetzt, nicht nachzulassen und durch eigenes Engagement in vielen Bereichen und Diskussionen einen möglichst hohen Beitrag dazu zu leisten, dass die Leute anfangen nachzudenken und man überall erkennt, wie wichtig das Thema “Kohleausstieg” ist.”

 

Höhenwind mit Soulfood

Der 15. Januar war für mich der faszinierendste Tag im noch neuen Jahr 2016. Werner Vogt, Geschäftsführer der Höhenwind-Park GmbH hatte eine unverfängliche Einladung geschickt: „seit diesem Jahr wirken wir in unserem Repräsentanz Büro im historischen Dreikönigenhaus in Koblenz, welches nun komplett fertiggestellt worden ist. Dies` möchten wir gerne mit Ihnen feiern.“ Na ja, ich hatte in Koblenz studiert, der Intercity ist von Mainz in 51 Minuten am Koblenzer Hauptbahnhof und ich war neugierig auf unser „Repräsentanz Büro“. Die Erwartungen waren nicht sehr hoch “halt auch nur ein Büro” – dachte ich.

Koblenzer Höhenwind Repräsentanzbüro im Dreikönigenhaus, in der Kornpfortstraße 15, ganz in der Nähe des “Deutschen Ecks”, der künstlich aufgeschütteten Landzunge an der Mündung der Mosel in den Rhein.

Im kalten Januar rechnete ich mit vielleicht zwanzig Interessierten, die den Weg dorthin finden würden. Dann einige Tage vor dem Termin neue Mail von der Höhenwind Projektassistentin Heike Gilles: „auf Grund erfreulich vieler Anmeldungen findet der Auftakt zu unserer Einweihungsfeier im Gewölbekeller des alten Kaufhauses statt. Später werden wir ins Dreikönigenhaus wechseln.“

Im Gewölbekeller des alten Koblenzer Kaufhauses. Eines von fünf Gebäuden in diesem Nachhaltigkeitsprojekt

Locker gekleidet in Jeans und Pullover kam ich im Gewölbekeller des alten Kaufhauses in der Koblenzer Altstadt an. Werner Vogt und Rudi Dick begrüßten mich in feinem dunklen Jacket, Clemens Ronnefeldt kann aus München angereist und es versammelten sich so nach und nach an die hundert Menschen, von denen ich nur wenige kannte. Mir war noch nicht klar, dass Gewölbekeller, Dreikönigenhaus und einiges mehr engstens miteinander verknüpft sind.

Werner Vogt berichtet mit viel Humor über die Anfänge von Höhenwind im Hunsrück
Martin Görlitz erläutert den Gebäudekomplex bis zu den historischen Ursprüngen in der Römerzeit und bauliche Abenteuer bei der Renovierung

Bei Sekt, Kaffee und den obligatorischen Windbeuteln war die Stimmung locker/feierlich und der Gewölbekeller machte mich neugierig. Nach einigen interessanten Gesprächen landete ich dann am Tisch von Martin-Görlitz, dem Initiator dieses wundervollen Projektes in der Koblenzer Altstadt. Aus dem kurzen Gespräch zur Umweltsituation frei zitiert: „Wenn ich so weitermache, weil ich nicht weiß was los ist, handele ich grob fahrlässig. Wenn ich es aber weiß, handele ich vorsätzlich – und wir müssen schon lange über die Konsequenzen unsere Lebensweise Bescheid wissen.“

Standorte der Görlitz-Stiftung in der Koblenzer Altstadt.

Von dem was Martin Görlitz in Koblenz bisher schon geschafft hat, bin ich zutiefst beeindruckt. Kurzer Abriss: Martin Görlitz war Vorsitzender der von ihm gegründeten, später europaweit tätigen GÖRLITZ AG, die Datensysteme für den Energiebereich liefert. 2011 verkaufte er seine Anteile und brachte ein Vermögen in die von ihm 1995 gegründete Görlitz Stiftung ein. Sein Credo auf der Stiftungsseite: “Wir sollten unseren Kindern eine Welt hinterlassen, die lebenswert ist und in der die Grundlagen unserer Existenz nicht zerstört, sondern von uns verbessert wurden. Dieser Verantwortung stelle ich mich und möchte einen Beitrag leisten, gerade deshalb, weil sich unsere Gesellschaft von diesem Ideal immer mehr entfernt.”

Ich empfehle wärmstens auf Webseiten der Stiftung und ihren Ausgründungen zu schnuppern:
Martin-Görlitz-Stiftung für Energie, Umwelt und Soziales

In Zusammenarbeit mit allen Hochschulen der Region entsteht in der Koblenzer Altstadt ein Zentrum für Nachhaltigkeit und zukunftsfähiges Wirtschaften:

ISSO – Institute for Social and Sustainable Oikonomics

Jugendwerkstatt Energie&Technik

Nach den Vorträgen von Werner Vogt, Martin Görlitz und Clemens Ronnefeldt ging es vom Gewölbekeller zum Dreikönigenhaus. Hier gab es bei Soulfood leckeres Essen, Probefahrten mit Elektroautos von Tesla und BMW, den neuesten Stand zur Elektromobilität, die schönen Büros von Höhenwind und viele, viele interessante Gespräche.

Die Höhenwind-Park Gmbh residiert ganz oben.

Nach diesen Eindrücken werde ich jedenfalls nun öfters mal wieder den Intercity von der Landeshauptstadt nach Koblenz buchen. Hier laufen spannende Projekte, die hoffentlich weit abstrahlen.

Mitbringsel aus Paris

Alle Fotos zur freien Verwendung, 12.12.2015 Reinhard Sczech

Motivation und Erleichterung

Ich war drauf und dran zu verzweifeln. Kann die Menschheit denn wirklich so blöd sein? Jetzt bin ich wieder hoch motiviert. Das waren lehrreiche Tage in Paris.

ClimateJustice_2015_12_12_Paris_23Ein Gruß an alle Freunde der Hunsrücker Höhenwind Gesellschafter und Bertram Fleck: In einem Pariser Café habe ich einen tollen holländischen Aktivisten getroffen, der voller Begeisterung die Entwicklung im Hunsrück wahrgenommen hat. Eine Botschaft an alle die jetzt noch gegen die Windenergie kämpfen: Ja, es gibt Beeinträchtigungen, ja das Landschaftsbild ändert sich, ja es gibt Fehlplanungen. Aber ihr könnt euch überhaupt nicht vorstellen, mit wie vielen Hoffnungen Menschen aus aller Welt auf Deutschland schauen.

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Der Hunsrück exportiert erneuerbare Energie. Nachhaltig! Bitte macht mit, oder wenn ihr schon nicht mitmachen wollt, macht den Weg frei. Ihr wollt die Heimat erhalten wie sie ist – aber Zerstörungen währen die Folge, die unsichtbar für unsere Kameras und Reporter bei den ärmsten der Armen angefangen haben und auch uns erreichen werden.

Die Prinzen

Saudi-Arabien alimentiert 7000 (geldgierige?) Prinzen. Prinz al-Walid Bin Talil, seine Frau und seine Kinder wohnen in 320 Zimmern in einem sandfarbenen Palast, der mit italienischem Marmor ausgekleidet ist, mitten in Riad.

Kleine Umfrage

Sind Sie im Vergleich zu vor fünf Jahren mehr oder weniger optimistisch, dass es der Menschheit gelingen wird, den gefährlichen Klimawandel zu vermeiden?

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Dazu kommen drei Hallen-Schwimmbäder, Tennisplätze, 250 Fernseher, ein Kinosaal und fünf Küchen, die 2000 Gäste auf einmal beköstigen können. In der Garage des Prinzen stehClimateJustice_2015_12_12_Paris_31en 200 Luxusautos, darunter Rolls-Royce, Ferrari und Lamborghini. Dieser Reichtum wird von Öl gespeist. Könnt ihr euch vorstellen, welcher Kampf es war die Zustimmung der Saudis zu bekommen? Könnt ihr euch vorstellen, wie bitter die neusten Abschätzungen der Klimaforscher sind, um selbst ein Kopfnicken zu bekommen, das Saudi Arabiens Geschäftsmodell völlig in Frage stellt?

 

2050 “klimaneutral”

Die Koalition der “Ambitionierten” hat sich in Paris durchgesetzt. Beschlossen wurde, dass die Menschheit ab 2050 “klimaneutral” lebt. Ursprünglich sollte im Vertrag stehen, dass die Menschheit ab 2050 “Treibhausgas-frei” lebt. Aber das scheiterte an den erdölproduzierenden Ländern. “Treibhausgas-frei” hätte bedeutet, dass diese Länder bald kein Erdöl mehr fördern dürften. Der jetzige Beschluss besagt, dass die Treibhausgase, die nach 2050 noch entstehen, kompensiert werden müssen – etwa durch Aufforstung oder neue Technologien.

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Climate Justice! Now!ClimateJustice_2015_12_12_Paris_35

“Die Weltgemeinschaft hat verstanden, dass die Gefahren durch den Klimawandel viel größer sind als zuvor angenommen”, sagte Bill Hare, der Chef des Forschungsinstituts Climate Analytics. “Das Paris-Abkommen ist ein historischer Wendepunkt für die ganze Welt.”

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Die roten Linien werden gezogen: Clim Acts aus Australien

Ärmel aufkrempeln

“Wir sind extrem glücklich”, erklärte EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete. Die Schweizer Bundesrätin Doris Leuthard sagte: “Für die Schweiz war es wichtig, dass alle Verantwortung übernehmen und die Zweiteilung aufgehoben wird.” Aber auch Südafrikas Umweltministerin Edna Molewa sieht einen “Wendepunkt zu einer besseren und sichereren Welt”. ClimateJustice_2015_12_12_Paris_36

Frankreichs Präsident François Hollande sagte sogar: “Wir haben heute die beste und friedlichste Revolution geschafft – eine Revolution für den Klimaschutz”. Und Bubu Pateh Jallow, einer der Chefunterhändler der ärmsten Staaten, sagte: “Der Vertrag ist eine wirklich gute Arbeitsbasis”.

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“Die Unterschrift ist nur der Anfang, jetzt geht es darum, ihn auch umzusetzen.” Russlands Umweltminister Sergej Donskoj betonte: “Jetzt steht uns die Ratifikation bevor!” Der hintere Teil der Vereinbarung nämlich, zwölf der 31 Seiten, muss zu nationalem Recht werden. Und das in jedem der 195 Mitgliedsländer, ein Prozess, der im Falle des Kyoto-Vertrages acht Jahre gedauert hat. Aber diesmal soll der Paris-Vertrag bereits ab 2020 gelten – in vier Jahren.

ClimateJustice_2015_12_12_Paris_39Dass dieses Ziel nun benannt wird, bedeutet: Die Weltgemeinschaft hat endlich realisiert, wie ernst die Warnungen sind, die die Klimaforscher aufgestellt haben. So weit, so gut, aber auch so unzulänglich. Denn diese Erkenntnis wird – zumindest noch – nicht ausreichend in konkretes Handeln umgesetzt.

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Fakt ist: Die Treibhausgas-Limits, die die Länder der Erde sich gegeben haben und die die Basis des Paris-Vertrags bilden, bringen die Welt nur auf einen Drei-Grad-Pfad – also auf einen Kurs, bei dem Elemente des Klimasystems destabilisiert würden, darunter der Grönland-Eisschild, die Permafrostböden und die Regenwälder. Höhere Ansprüche trauten sich die Architekten des Paris-Deals nach dem Kopenhagen-Debakel nicht mehr zu stellen.

Gewaltfrei und ohne Presse

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Tolle Tage in Paris, mit Wechselbädern der Gefühle

Tja Leute, wir haben uns das Demonstrationsrecht erkämpft. Entschieden und gewaltfrei. In der deutschen Presse habe ich noch kein Wort darüber gelesen. Über die Demo am Eifelturm wurde bischen berichtet. Aber die vorhergehende und  aus meiner Sicht wichtigere in der Avenue de la Grande Armée vor dem Arc de Triomphe wurde  fast ausschließlich über soziale Medien, wie diesen Blog transportiert.

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Sind wir mal milde, das Demonstrationsverbot hat natürlich dazu geführt, dass auch die Presse nicht über die Details der Planungen informiert war.

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Ein Tourist aus China macht auch spontan mit. “Very big problems in China”
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und Mainz trifft auf Oppenheim (on the left side Esmathe Gandi, Président ATTAC Togo)

 

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und Mainz trifft auf Oppenheim (on the left side Esmathe Gandi, Président ATTAC Togo)
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zum Abschluss wird ergreifend mitreißend gesungen

Quellen

Klimaretter.Info

Skeptical Science

350.org   

Video von der Demo

DemocracyNOW

ARD Tagesschau COP21 live Blog

SonnenSeite

germanwatch