Zwei Schritte vor… Premiere für Divestment in Deutschland

Es ist viel passiert in Sachen Kohle letzte Woche in Deutschland.

Zunächst, ein Meilenstein, es ist geschafft: Fossil Free Münster hat den ersten Divestment-Erfolg Deutschlands gelandet!

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Jubel in Münster (Foto: 350.org)

Die Stadt Münster hat sich verpflichtet ihr Geld ab dem 01. April 2016 nur noch nachhaltig anzulegen. Wie klimaretter.info und die taz berichten sind gemäß der Vorlage, der SPD, Grüne und Linke im Stadtrat zustimmten, kommen Unternehmen, die “Atomenergie erzeugen oder auf nicht nachhaltige und klimaschädliche Energien setzen” somit nicht mehr als Investitionen in Betracht.

Wir gratulieren erstmal von ganzem Herzen und hoffen, dass dies die Initialzündung war, auf die Divest Aachen, Fossil Free Berlin und viele, viele andere nun alsbald mit ebenso guten Nachrichten folgen. Für letztere wird es schon morgen ganz konkret den nächsten Schritt geben, wenn die Enquete-Kommission “Neue Energie für Berlin” ihren Abschlussbericht am 11.11.2015 vorstellt.

Wenn ihr selbst dabei seid eine Divestment-Kampagne zu starten, schaut doch mal auf dem blog von Fossil Free Münster vorbei, da erklären sie wie sie es geschafft haben. Ansonsten unterschreibt die Petitionen der noch laufenden Aktionen.

Auch sehr interessant und auf der Such nach Unterstützern: Die Do-the-pledge-for-Paris Kampagne von Urgewald deckt leere Worte auf und fordern die Allianz und die Deutsche Bank zum Divestment auf.

Streetart zu Klimawandel

XX-Powerful-Street-Art-Pieces-That-Tell-The-Uncomfortable-Thruth24__880Straßenkunst zum Thema Klimawandel bei PoredPanda

 

main_69956590923400Sonnenuntergänge und Vulkane – wie gehört das zusammen?  Mojib Latif erklärt im online MOOC “Klimawandel und seine Folgen” den Zusammenhang zwischen den schönen Sonnenuntergängen bei den Bildern von Kaspar David Friedrich und vulkanischen Aktivitäten.

Klimawandel und seine Folgen

Wenn die Regierungen nichts für uns tun, handeln wir eben selbst

Schließe dich am 12. Dezember in Paris
der europaweit größten Massenaktion zivilen Ungehorsams gegen den Klimawandel an.

 

Während der Weltklimakonferenz in Paris werden tausende Menschen auf die Straßen gehen, um das letzte Wort zu haben.

mitmachen

Hast du dich schon mal gefragt, wie es sich anfühlt, an einem jener Tage dabei zu sein, die alles verändern? Hast du schon einmal live miterlebt, was entschlossene Bürger alles erreichen können?

Egal, was beim Gipfel passieren wird: Wir bereiten uns entschlossen auf Aktionen und Massenmobilisierungen am 12. Dezember vor. Komm zwei Wochen nach der Großdemonstration am 29. November mit uns auf die Straße. Wir nehmen unsere Zukunft selbst in die Hand und legen den Grundstein für weitere Aktionen im kommenden Jahr.

Nicht Regierungen führen Bewegungen an, sondern Menschen wie du und ich. Mach mit!

Der Plan:

 

Wir wollen am Ende der Klimaverhandlungen das letzte Wort haben. Und das bekommen wir, wenn wir in der Sprache der Bewegung sprechen: Indem wir tausende Menschen auf die Straßen von Paris holen und deutlich machen, dass wir nicht einfach so weitermachen können, solange die Regierungen dieser Welt nicht tun, was zu tun ist.

Dieser Tag wird ein Tag der Massenmobilisierung und Aktionen auf der Straße sein. Wir werden die Straßen von Paris mit unserer Entschlossenheit, unserer Vielfalt und unserer Kreativität einnehmen, um Widerstand zu leisten und unsere Bewegung aufzubauen. Die Klimabewegung wird weiter dran bleiben und jeder von uns kann sich einbringen. Alles was wir tun, machen wir gemeinsam.

In Paris wird nicht entscheidend sein, was sich in den Verhandlungsräumen abspielt, sondern was in den Straßen von Paris und im Rest der Welt passiert. Nicht nur Politiker haben Macht. Wenn genug Menschen der Meinung sind, dass nun die Zeit gekommen ist, dass die Welt eine neue Richtung einschlägt, und wir alle an einem Strang ziehen, dann kann sich auf der Welt auch etwas ändern.

Der Plan für den 12. Dezember steht noch nicht ganz. Wenn du auf dem Laufenden gehalten werden willst, trage dich gleich ein.

mitmachen

Campact-Petition für Klimawandel als prime-time Thema bei den Öffentlich-rechtlichen.

Sehr geehrte Nachrichtenchefredakteure des öffentlich-rechtlichen Fernsehens,

bitte sorgen Sie dafür, dass der Klimaerwärmung, die das Überleben der Menschheit gefährdet, in ihren Nachrichtensendungen zur Hauptsendezeit höchste Priorität eingeräumt wird, und dass in regelmäßig gesendeten Brennpunktsendungen Wissenschaftler die Möglichkeit bekommen, einer breiten Öffentlichkeit rechtzeitig friedliche Wege aus der den Klimakollaps erzeugenden Wachstumsökonomie vorzustellen und mit Klimaforschern zu diskutieren.

 Vor knapp einem Jahr habe ich das Angebot von Campact benutzt, um eine Petition zur Medienpolitik der Öffentlich-

rechtlichen zum Klimawandel ins Netz zu stellen. Ihr findet sie unter dem Titel, Der Klimakollaps droht, aber ZDF und ARD senden dazu keine Brennpunkte.

Vorher war mir beim Versuch, vor Ort, persönlich andere Eltern und Großeltern auf das Thema anzusprechen und zu einer Versammlung, bzw. dem ARTE-Film Dem Klima auf der Spur einzuladen, auf Grund der doch sehr bescheidenen Resonanz deutlich geworden, dass der Drang, dieses Thema zu verdrängen,einfach zu groß ist, solange wir Menschen uns allein mit diesem Thema fühlen. Deshalb schien und scheint es mir absolut notwendig, das Thema in den 8-Uhr Nachrichten, bei den Tagesthemen und in der heute-Sendung als Dauerthema eingerichtet und immer neu  aktualisiert zu sehen. Nur so kann eine Öffentlichkeit geschaffen werden, an der dann auch die Politiker trotz ihrer Bearbeitung durch die Lobbyisten von Kohle-, Auto- und Straßenbauindustrie, von Speditionen und industrieller Landwirtschaft, nicht mehr vorbei regieren können.

Wir würden diese Petitionsunterschriften möglichst bald in einer Aktion beim ZDF abgeben und uns über positive Rückmeldungen und Mitmachangebote sehr freuen.

Wie Ihr wisst, ist der Guardian im Augenblick die einzige Tageszeitung von Weltbedeutung, die dieses Thema in den Mittelpunkt ihrer redaktionellen Arbeit gestellt hat. (Zufällig wurde meine Petition im Monat April 2015 zusammen mit der divest-Aktion des Guardian von dem online-Magazin klimaretter.info zur “Aktion des Monats” erkoren). Und so überrascht es nicht, dass George Monbiot in seinem Bericht zu den verheerenden Bränden in Indonesien auf eindringlichste Weise auf das Versagen der Medien  aufmerksam macht, die dasThema weitgehend auf die hinteren Seiten (oder späteren Sendezeiten) geschoben und damit die Öffentlichkeit und die Politiker vor der Weltklimakonferenz entlastet haben.

Treffenderweise beginnt George Monbiot seinen Kommentar mit der Frage, wie wohl die Medien antworten würde, wenn die Öko-Apokalypse eintreten würde. Oft habe er sich vorgestellt, wie die Nachrichtenprogramme kurze, sensationsbetonte Berichte produzieren würden, ohne aber zu erklären, wieso die Apokalypse komme oder wie sie gestoppt werden könne. Dann würden sie ihre Börsenkorrespondenten fragen, wie das Desaster die Aktienkurse wohl beeinflussen würden, um dann zum Sport überzugehen. Was er, der schon nicht gerade einen Ozean an Vertrauen gegenüber der Medienindustrie besitze, allerdings nicht erwartet habe, sei das vollständige Ausblenden dieses Themas (in den Medien Großbritanniens) gewesen.

 

Selbstverbrennung: Schellnhubers Blick aufs Ganze

Schellnhuber, Hans J. : Selbstverbrennung
Die fatale Dreiecksbeziehung zwischen Klima, Mensch und Kohlenstoff

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Link zur hörenswerten Buchbesprechung im DLF

Alarmierender Report über die selbstzerstörerischen Folgen einer ungebremsten Erderwärmung Um jedes Zehntelgrad zu kämpfen lohne sich, davon ist Deutschlands wichtigster Klimaforscher mit internationaler Reputation überzeugt. Er streitet seit Jahrzehnten darum, dass Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dem Klimawandel und seinen dramatischen Folgen endlich ins Auge sehen – und alles daran setzen, ihn aufzuhalten. In einem brisanten Thesenbuch spitzt er seine Kritik noch einmal zu: Nach derzeitigem Wissensstand bewegt sich unsere Zivilisation nicht auf die oft genannte selbstverbrennungTitelBuchZwei-Grad-Grenze, sondern viel dramatischer auf eine Erwärmung von 3 bis 4 Grad Celsius bis Ende des Jahrhunderts zu. Die fortgesetzte Verbrennung fossiler Energieträger droht zum kollektiven Suizid zu führen. Hans Joachim Schellnhuber fasst das aktuelle Wissen in aller Schärfe zusammen, damit die Politiker auf der Schicksalskonferenz in Paris im Spätherbst 2015 die letzte Chance zum Umsteuern ergreifen.

 

Interview in DER TAGESSPIEGEL 2.11.2015

Klimaschutz “Der Reichtum zerstört die Umwelt”

15:24 UhrVon

Der Potsdamer Klimaforscher Hans-Joachim Schellnhuber über sein Buch “Selbstverbrennung” und warum er der evangelischen Kirche im Lutherjahr eine Debatte über ihren Fortschrittsbegriff nahe legt.

Herr Schellnhuber, Sie bezeichnen ihr neues Buch „Selbstverbrennung“ als ihr „Vermächtnis“. Darin verbinden Sie ihre naturwissenschaftliche Forschung mit den gesellschaftlichen Realitäten. Das hat in diesem Jahr auch der Papst mit seiner Schrift „Laudato Si!“ getan. Hat es Sie überrascht, dass ausgerechnet die katholische Kirche sich damit auf die Seite der Klimaforschung geschlagen hat?

 

Es hat mich deshalb nicht überrascht, weil ich in den vergangenen Jahren mehrfach Gelegenheit hatte, über die Pontifikal-Akademie Informationen in die Debatte einzuspeisen. Die Kirche hat die Erkenntnisse der Klimawissenschaft klar zur Kenntnis genommen und akzeptiert. Der zweite Grund, warum mich das nicht überrascht hat, ist der Papst selbst. In dem Moment, in dem er den Namen Franziskus angenommen hat, war das natürlich auch Programm: Franz von Assisi ist der interessanteste Heilige der katholischen Kirche. Die Solidarität mit den Schwachen, den weniger Talentierten, den Armen sowie die Harmonie mit der Natur waren seine großen Themen vor 800 Jahren, und dieser Papst hat genau das aufgegriffen. Er ist ein Visionär – und ein tapferer Mann. Das muss man im Vatikan übrigens auch sein.

Die andere große Kirche, die evangelische, hat sich in Deutschland dem Umweltthema schon früh zugewandt. Andererseits hat der Protestantismus mit seinem Arbeitsethos aber auch einiges zur Zerstörung des Planeten beigetragen. Wie sehen Sie die Umweltdiskussion in der evangelischen Kirche?

Man kann nicht sagen, dass der Umweltdiskurs dort nicht stattfindet. Aber die wahre Leidenschaft ist bisher nicht entstanden. Das Klimathema gehört irgendwie zum thematischen Kanon eines Seelsorgers, der die spirituelle Betrachtung der Welt vollzieht. Aber ich glaube auch, dass die evangelische Kirche, ähnlich wie die deutschen Gewerkschaften, ein Problem mit ihrem Fortschrittsbegriff hat: der Glaube an die permanente materielle Wohlstandssteigerung. Das Luther-Jubiläum 2017 wäre ein guter Zeitpunkt, um zu fragen: Braucht nicht auch die evangelische Kirche einen neuen Fortschrittsbegriff, der eher die Bewahrung der Schöpfung in den Vordergrund rückt als die immerwährende Expansion der fleißigen, unermüdlich schaffenden  Menschen über die Erde,. Vielleicht finden sie Erfüllung in der Arbeit – aber kein Glück.

Die Frage, wie Armut überwunden werden kann, ohne den Klimawandel weiter anzufeuern, ist allerdings von beiden Kirchen nicht wirklich beantwortet. Wie sehen Sie das: Verhindert Klimaschutz die Überwindung von Armut? Oder verhindert der Klimawandel die Überwindung der Armut?

Diese Frage hat mich jahrelang gequält. Franziskus macht ja etwas sehr Geschicktes: Er referiert die Aussagen ganzer Gruppen von Bischöfen und Kardinälen. Er ist ein extrem guter Diplomat – anders  könnte er auch als tapferer Mann kirchenpolitisch nicht überleben. Aber die Widersprüchlichkeit ist zu spüren. Steht Umwelt, die Bewahrung der Natur wirklich gegen die Entwicklungschancen der Mehrheit der Menschen? Inzwischen bin ich zu einer klaren Antwort gekommen: Es ist kein Gegensatz, ganz im Gegenteil! Es ist nicht die Armut, die die Umwelt zerstört. Es ist der Reichtum. Es ist die oberste Wohlstandsmilliarde der Menschen, die den Klimawandel verursacht. Die unterste Milliarde wird vielleicht Feuerholz suchen, aber bei der Zerstörung der Erde fällt das nicht ins Gewicht. Natürlich gibt es einen Druck auf die regionalen Ökosysteme. Aber selbst der wird stärker von multinationalen Agrarkonzernen ausgeübt – wie etwa beim Sojaanbau oder beim Anlegen von Palmölplantagen – als von der lokalen Bevölkerung. Die zweite große Verfälschung der Wirklichkeit liegt in der Behauptung, dass man um der Armen willen die Entwicklung, also etwa den Bau von Kohlekraftwerken, vorantreiben müsse. In Indien beispielsweise entlarvt sich das als blanke Schutzbehauptung. Zu der Vorstellung, dass man die letzte Inderin oder den letzten Inder irgendwo in einem abgelegenen Ort mit einem zentralen Stromnetz erreichen könnte, kann ich nur sagen: Viel Glück, da könnt Ihr lange warten. Die zusätzliche Elektrifizierung durch Kohlekraftwerke dient vor allem der Ober- und Mittelschicht. Die Armen werden gewissermaßen als menschliches Schutzschild verwendet, um eine Industriepolitik voran zu treiben, die den Eliten nützt. Das, was das Klima schützt, nützt zumeist auch den Armen: Also erneuerbare, dezentrale Energien, Recycling und ein effektiverer Umgang mit Ressourcen. Es ist für mich eine wichtige Erkenntnis, dass das, was zusammengehört, auch faktisch zusammenpasst.

Die neue soziale Frage?

Es ist jedenfalls nicht mehr der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit. Es geht inzwischen um den Ausgleich zwischen den heutigen und künftigen Generationen sowie zwischen Zentrum und Peripherie. Der Gegensatz besteht zwischen denen, die wirtschaftliche Macht besitzen, und die leben im Jetzt, und den „Unterliegern“ im Sinne eines Flusses, die keine Chance haben, an der Verteilung mitzuwirken. Eine Sozialdemokratie heute sollte die soziale Frage so stellen: Wie teile ich mit denen, die noch nicht geboren sind? Und: Wie teile ich mit denen, die an den Rändern der Weltwirtschaft vegetieren und bestenfalls als Zulieferer in den Sweat Shops in Kambodscha oder Bangladesch zählen. Das ist die himmelschreiende soziale Frage der Gegenwart, und erst, wenn die Sozialdemokratie diese Solidarität neu begreift, werde ich sie auch wieder Ernst nehmen.

Sie haben es in der Klimadebatte mit dem Wissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderung (WBGU) aber auch durch ihre Beratertätigkeiten geschafft, das Zwei-Grad-Ziel als Orientierungspunkt zu etablieren. Die globale Temperatur sollte nicht über die Zwei-Grad-Marke im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung steigen. Wie ist Ihnen das gelungen?

Wenn man eine Einsicht gewonnen hat, muss man beharrlich zu ihr stehen. Aber man muss auch ein bisschen Glück haben. Man muss Ohren finden, die sich öffnen, wenn man redet, und es müssen wichtige Ohren sein. Das kann man nicht planen. Aber, die Kraft von Ideen ist größer, als allgemein angenommen wird. Sie gehen ihren Weg. Langsam, manchmal beschleunigt durch Naturereignisse. Das ist kein Trost, weil wir beim Klimawandel auf jede Stunde angewiesen sind, um zu handeln. Trotzdem ist Geduld notwendig. Doch man muss die Entscheidungsträger auch nerven. Man muss immer wieder nachfragen. Oft wird man abgewimmelt, oder es wird ausgewichen. Man muss dann halt weiter nerven. Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel beim 20-Jahres-Kongress des WBGU sehr schön formuliert. Sie hat gesagt: „Fallen Sie uns auch weiterhin auf den Wecker. Das ist Ihre Aufgabe.“

Allein in meiner Lebenszeit hat sich die Welt gewaltig verändert. Den Mauerfall hatte ich nicht erwartet, oder das mobile Geld in Kenia. Heißt das im Umkehrschluss nicht auch: Veränderungen können auch ganz schnell passieren?

Die nicht-linearen und abrupten Entwicklungen in der Gesellschaft sind vielleicht sogar noch interessanter als die in der Natur. Und das ist ein Grund zur Hoffnung. In Paris wird es wohl einen bescheidenen Verhandlungserfolg geben, aber keinen Anlass, uns entspannt zurückzulehnen. Aber das Tempo, in dem Innovationen stattfinden, hat sich seit dem Beginn der Industrialisierung gewaltig beschleunigt. Und das geschieht auch im Augenblick: Das neue System, das überlebensfähige, also die erneuerbaren Energien, zerstören das alte System. Das ist bereits tot, hat es aber noch nicht wahrgenommen.

Moralisch überholt.

Auch ökonomisch und technisch. Da kommt die Psychologie der Investoren ins Spiel. Wenn eine Idee ganz neu ist, und der Marktanteil klein, dann ist sie nicht attraktiv, weil man das Neue als Spinnerei und riskant abtut. Wenn der Anteil mal mehr als ein Drittel oder schon die Hälfte ist, ist die Idee nicht mehr interessant, weil es quasi alle machen. Aber im Moment kippt das System. Die Investitionen werden aus den fossilen Geschäften wie der Kohle abgezogen und in erneuerbare Energien gesteckt. Wenn ein Investor die Wahl hat, in ein neues Kohlekraftwerk zu investieren, oder in ein großes Solarkraftwerk, dann ist völlig klar, was der Investor tun wird. Alles kann sehr schnell gehen und das muss es auch. Denn mit den normalen Raten an Innovation, Effizienzsteigerung und so weiter, werden wir die Zwei-Grad-Linie nicht halten. Die Entwicklung muss also nicht-linear verlaufen. Das fossil-nukleare System dürfte implodieren wie die Sowjetunion implodiert ist. Es könnte allerdings auch anders herum kommen, dass wir nämlich zurück ins alte System schwingen. Und dann sehe ich schwarz für die Menschheit.

Ist Klimaschutz nur Politik und Wirtschaft?

Wir Verbraucher treffen täglich Konsumentscheidungen mit großen Auswirkungen auf das Klimasystem. Wenn wir alle nur noch einmal in der Woche Fleisch essen oder sogar ganz darauf verzichten würden, hätte das einen unmittelbaren Klimanutzen – und würde Landkonflikte mindern, weil weniger Anbaufläche für Viehfutter gebraucht würde. Eigentlich gibt es genug fruchtbare Böden auf der Welt, um alle zu ernähren. Ich will weg davon, dass man immer bequem mit dem Finger auf andere deutet: das System, das Kapital, die Firmen. Ja sicher. Aber selbst die größten Konzerne brechen zusammen, wenn die Kunden sie meiden. Sehr viele Kleininvestoren können scheinbar übermächtige Institutionen in die Knie zwingen. Deshalb plädiere ich ja auch für den Klimaschutz als Weltbürgerbewegung.

Die Konsumenten haben Macht, das ist wahr. Aber oft sind sie allein und nicht organisiert.

Klimaschutz muss zweifellos auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Natürlich braucht es die politische Ebene. Auch Führungsstärke ist nötig. Aber eben vor allem die Verantwortung des Einzelnen.

Klimawandel macht Golfregion unbewohnbar

Selbst n-tv berichtet über Auswirkungen des Klimawandels:

Der Klimawandel setzt der Region am Persischen Golf massiv zu. Schon jetzt herrschen dort Temperaturen, die für Alte und Kranke eine Gefahr darstellen. Bei ungebremstem Ausstoß von Treibhausgasen wird die Region in absehbarer Zukunft komplett unbewohnbar sein.

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Trockenheit im Mittelmeerraum

Der Klimawandel könnte die Region am Persischen Golf bis Ende des Jahrhunderts weitgehend unbewohnbar machen. US-Forscher berechnen, dass bei ungebremstem Ausstoß von Treibhausgasen die Sommertemperaturen dort regelmäßig auf Werte steigen, die selbst junge und gesunde Menschen nicht mehr ertragen können. Dies gefährde nicht nur die Bewohner von Städten wie etwa Dubai, Abu Dhabi oder Doha, sondern auch Pilger in Mekka, betonen die Forscher im Fachjournal “Nature Climate Change“. Der jüngste Extremsommer in der Region zeige, wie realistisch das Szenario sei, kommentiert ein unabhängiger Schweizer Experte die Studie.

Die Forscher Jeremy Pal von der Loyola Marymount University in Los Angeles und Elfatih Eltahir vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge simulierten die Temperaturentwicklung in der Golf-Region unter zwei Szenarien: bei ungebremstem Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) und bei einem Rückgang der Emissionen, der weltweit das 2-Grad-Ziel erreichen könnte. Dabei konzentrierten sie sich auf die sogenannte Feuchtkugeltemperatur (tf) – die Temperatur, auf die sich ein Objekt bei optimaler Feuchtigkeit kühlen lässt, etwa wenn man ein Quecksilberthermometer in ein nasses Handtuch packt. “Ab dem tf-Schwellenwert von 35 Grad Celsius würden wahrscheinlich selbst die gesündesten Menschen nicht mehr als sechs Stunden ertragen und eine Hyperthermie erleiden”, schreiben die Forscher.

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Klimaschutz lohnt sich. Das stellen weltweit viele Projekte unter Beweis. ARTE zeigt im Vorfeld der 21. UN-Klimakonferenz in Paris in einem Schwerpunkt, warum die Energiewende dringend notwendig ist und wie sie nachhaltig gelingen kann.

Gravierende Folgen für Muslime

“Diese extremen Bedingungen haben gravierende Folgen für die Rituale des Hadsch, bei dem muslimische Pilger bei Mekka im Freien vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung beten”, schreiben die Autoren. “Dieses zwangsläufig im Freien abgehaltene Ritual wird wahrscheinlich gefährlich für die Gesundheit, vor allem für die vielen älteren Pilger, wenn der Hadsch in den Sommer fällt.” Aus diesen Gründen müssten die Länder in Südwest-Asien ein Interesse daran haben, dass die Treibhausgas-Emissionen deutlich sinken, folgern die Forscher.

In einem Kommentar in der gleichen Zeitschrift schreibt Christoph Schär von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH), bisherige Hitzewellen würden vor allem älteren und kranken Menschen zusetzen. Die in der aktuellen Studie prognostizierte Hitze könne dagegen für jeden Menschen tödlich sein.

Einen Vorgeschmack darauf biete die jüngste Hitzewelle in der Golf-Region, die in Bezug auf die Feuchtkugeltemperatur zu den schlimmsten zähle, die jemals registriert wurden. Ende Juli überstiegen die Temperaturen demnach eine ganze Woche lang tagsüber 40 Grad Celsius, nachts sanken sie nicht unter 30 Grad Celsius. Am Mittag des 31. Juli war es demnach 46 Grad heiß, bei einer Luftfeuchtigkeit von 49 Prozent. “Diese Bedingungen entsprechen einer Feuchtkugeltemperatur von 34,6 Grad Celsius, nur wenig unter dem kritischen Schwellenwert”, schreibt Schär. “Die neue Studie zeigt damit, dass die Bedrohungen für die menschliche Gesundheit vielleicht viel gravierender sind als bisher gedacht.”

Text übernommen aus n-tv,  Montag, 26. Oktober 2015

Siehe auch Pelzig im ZDF: Massenflucht durch Klimawandel, Krieg & Umweltzerstörung – eine katastrophale Perspektive