760 Millionen Menschen bedroht

ein sehr guter Beitrag aus Solarify

Meeresspiegelanstieg systematisch projiziert – Karten und beeindruckende Fotomontagen

Wenn wir so weitermachen wir bisher, ist neuen Untersuchungen zufolge mit einer Erhöhung der durchschnittlichen Temperatur um vier Grad zu rechnen. Dann werden Eiskappen und Gletscher noch schneller abschmelzen und die Meeresspiegel noch schneller ansteigen als befürchtet. Mehr als eine halbe Milliarde Menschen ist nach einer Studie der US-Forschungsorganisation Climate Central  gefährdet – weltweit 470 bis 760 Millionen Menschen in Küstenregionen.

Bei einem Temperaturanstieg von nur 2 Grad wären immer noch 130 Millionen Menschen vom höheren Meeresspiegel betroffen. “Dies sind die Ausgangspunkte für die globalen Klimaverhandlungen im Dezember in Paris”, schreibt Climate Central. Die Analyse beschreibt die Auswirkungen der unterschiedlichen Erwärmungs-Szenarien für die Küsten aller Länder und aller Megastädte auf dem Planeten. Ein global durchsuchbares Mapping Choices Tool ordnet sie.

Einige der wichtigsten Erkenntnisse:

  • China, weltweit führend im CO2-Ausstoß, führt auch beim Küstenrisiko, mit 145 Millionen Menschen, die an Land letztlich durch steigende Meeresspiegel bedroht sind, wenn die Emissionen nicht reduziert werden.
  • China würde am meisten von einer Begrenzung auf 2° gewinnen, was die Gesamtzahl auf 64 Millionen verringern würde.
  • In zwölf weiteren Nationen leben jeweils mehr als 10 Millionen Menschen in Gefahr, angeführt von Indien, Bangladesch, Vietnam, Indonesien und Japan.
  • Die USA sind die am stärksten bedrohte Nation außerhalb Asiens, mit rund 25 Millionen Menschen auf entsprechendem Land.
  • Die Top-10 globalen Megacities mit bedrohten Populationen sind Shanghai, Hongkong, Kalkutta, Mumbai, Dhaka, Jakarta und Hanoi.

Climate Central hat eine überarbeitete Version seiner Surging Seas Risiko-Zonen-Karte eingeführt und hat die Karte aus der reinen US-Perspektive auf eine globale Abdeckung ausgedehnt (oben: Beispiel Hamburg) mit dem Ziel, ein leistungsfähiges neues Web-Tool zum globalen Verständnis und zur Kommunikation des Meeresspiegelanstiegs und der Überflutung von Küsten unter verschiedenen Szenarien von Kohlendioxydemissionen zur Verfügung zu stellen, zur besseren Information für die Küstenplanung und die weltweiten Resilienz-Anstrengungen.

Die Funktionen der New Risk Zone-Karte haben zum Inhalt:

  • die Fähigkeit zur Erkundung des Überflutungsrisikos bis zu 30 Meter (100 Fuß) Höhe über die Küstenlinien der Welt
  • Projektionen des lokalen Meeresspiegelanstiegs an mehr als 1.000 Küstenpegel auf sechs Kontinenten auf der Karte anzeigen
  • Hochwasserrisikoprojektionen an ausgewählten Küstenpegel innerhalb der Vereinigten Staaten eingeschlossen
  • Kundenspezifische Karten-Downloads via Kamera-Symbol in oberen rechten Eck des Bildschirms

Die Karte ist einbettbar und gezielt nach Stadt, Bundesland, Postleitzahl und anderen Ortsnamen durchsuchbar. Kartenbereiche unterhalb der ausgewählten Wasserstände werden als blau eingefärbte Satellitenbilder dargestellt, welche die Anfälligkeit für Überschwemmungen durch langfristigen Anstieg des Meeresspiegels, Sturmfluten und Gezeiten oder dauerhaftem Versinken durch Meeresspiegelanstieg zeigen. Kartenteile über dem ausgewählten Wasserstand werden in der Karte in weißen und blassen Grautönen dargestellt.

Kartenbeispiel New York mit verschiedenen Einfärbungen für das 4°- und das 2°-Szenario – © choices.climatecentral.org Kartenbeispiel New York mit verschiedenen Einfärbungen für das 4°- und das 2°-Szenario – © choices.climatecentral.org

 

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Quellen:

 

 

Schockierendes Interview mit James Hensen in CNN

Es kommt viel schneller, sehr viel dicker als gedacht – wenn wir nicht endlich ernsthaft, radikal und schnell handeln.

 

 

James Hansen ist immer für eine Überraschung gut. In jedem Fall horcht alle Welt auf, wenn sich der umtriebige Klimawissenschaftler (ehemals NASA, jetzt am Earth Institute der Columbia University) zu Wort meldet. Und das hat er jetzt wieder: Nur wenige Monate vor dem Klimagipfel in Paris veröffentlicht er eine gemeinsam mit anderen Wissenschaftler/innen verfasste Studie zum Meeresspiegelanstieg. Interessanterweise ist die Studie nicht – wie sonst eher üblich – „peer reviewed“, sondern das wissenschaftliche Review findet live und öffentlich zu verfolgen als interaktive Diskussion auf der Website des Open Access Journalis Atmospheric Chemistry and Physics Journals statt.

Hansen selbst begründet dieses Vorgehen mit dem Zeitfaktor: Die Ergebnisse seien dermaßen alarmierend, dass man es sich schlicht nicht leisten könnte, Monate zu warten, bis sie veröffentlicht werden. Die Politik soll vor dem Klimagipfel in Paris Kenntnis haben von dem, was er und sein Team herausgefunden haben.

Die Studie wird bereits seit Tagen in den Medien diskutiert, u.a. in der Washington Post und in der Huffington Post. Die beunruhigenden Fakten, die die Wissenschaftler/innen auf den Tisch legen: Erdgeschichtlich haben Zeiten, in denen es nur 1°C wärmer war als heute, zu einem Meeresspiegelanstieg von 5 bis 9 Metern geführt. Das liegt wohl an der Erwärmung der Ozeane, mit denen die Eisschollen Kontakt haben. Wir können uns laut Hansen auf mehrere Meter Meersspiegelanstieg in den kommenden 50 Jahren sowie erhebliche Stürme einstellen. Das liegt weit über den Annahmen des letzten Sachstandsberichts des Weltklimarats.

Hansen und sein Team kommen zum Schluss:

„We conclude that 2 °C global warming above the preindustrial level, which would spur more ice shelf melt, is highly dangerous.“

Zu einer ähnlichen Schlussfolgerung sind auch die Expert/innen des „Structured Expert Dialogue (SED)“ der UN Klimarahmenkonvention (UNFCCC) gekommen. Sie haben im Mai 2015 ihren technischen Bericht vorgelegt, nachdem sie zwei Jahr lang geprüft hatten, wie adäquat das 2°C-Ziel ist

Was machen unsere Staats- und Regierungschefs und -chefinnen nun, wenn ihnen die Wissenschaft auf der einen Seite erklärt, dass das 2°C-Limit weder ein Ziel sein sollte noch uns in irgendeiner Weise ausreichend vor katastrophalem Klimawandel schützen wird, und auf der anderen Seite die Stimmen derjenigen lauter werden, die sagen, das 2°C-Ziel sei politisch und technologisch nicht zu halten; man müsse sich halt auf einen „Overshoot“ einstellen und planen, mit Geoengineering zusätzliches CO2 aus der Atmosphäre zu holen?

Darauf gibt es keine einfache Antwort. Aber zumindest ein paar einfache Nachfragen seien erlaubt: Was bitteschön ist denn „politisch realistisch“? Ist es politische realistisch, eine Welt mit einem 10 Meter höheren Meeresspiegel, häufigen Extremwetterereignissen und Milliarden von Klimaflüchtlingen zu „managen“? Ist es politisch realistischer, dass sich die Regierungen kleiner Inselstaaten und Bürgermeister/innen großer Küstenstädte um die Umsiedlung von Millionen von Menschen kümmern, als dass sich ein paar Millionen Europäer/innen, Nordamerikaner/innen, Australier/innen und Japaner/innen mit weniger und sauberer Energie sowie weniger Flugreisen zufriedenstellen lassen?

Ja, eine schnelle, radikale und endgültige Dekarbonisierung unserer Wirtschaft und Lebensweisen ist möglich. Schwer dabei ist nur die Überwindung des Widerstands derjenigen, die dabei viel zu verlieren haben.