Schon den großartigen, schockierenden, deprimierenden Langtext „Losing Earth“ von Nathaniel Rich aus dem New York Times Magazine gelesen? Alexander Krützfeldt hat ihn vor ein paar Tagen hier gepiqt; Tanja Krämer hat heute früh in diesem Kanal einen Riffreporter-Artikel empfohlen, der zusammenfasst, was Klimaschützer an diesem Text kritisieren – und warum die Kritik nicht ganz nachvollziehbar ist.
„Spiegel“-Autor Georg Diez nimmt „Losing Earth“ zum Anlass, eine so irritierende wie naheliegende Frage zu stellen: Warum sprechen wir so wenig vom Klimawandel? Darüber, dass eine Erderwärmung von drei Grad die Küstenstädte der Welt ausradieren wird? Eine Erwärmung von vier Grad weite Teile der Erde unbewohnbar werden lässt?
Wie kann es sein, dass der Untergang der Menschheit so wenig Interesse erweckt und die Titelseiten sich in dieser Woche, wie in den Wochen und Jahren zuvor, eher mit der Partymetropole Berlin oder dem Elend der Patchwork-Familie beschäftigen als mit der im Grunde einzigen und überwölbenden und schrecklichen Realität unserer Zerstörung des Planeten?
Diez führt drei Erklärungen an, ganz knapp zusammengefasst:
Die Komplexität des Themas überfordert uns dermaßen, dass wir nicht mal in der Lage sind, es zu benennen.
Der Neoliberalismus verhindert, Lösungen zu entwickeln.
Das Problem ist so existenziell, dass wir unfähig sind, es zu erfassen – denn uns fehlen Bilder, Visionen, Sprache und Geschichten dafür (dazu auch ein interessanter Text aus der SZ, €).
Diez verknüpft seine Thesen mit einer Kritik am Journalismus, der es von wenigen Ausnahmen (der “Guardian”) abgesehen nicht geschafft habe, Formen zu finden, die die Bedrohung durch den Klimawandel wenigstens teilweise erklären. Und liefert dafür gleich eine Erklärung: die Scheu der Journalisten, zu Aktivisten zu werden.
Feuer, Hitze, Dürre überall. In Griechenland sterben mehr als achtzig Menschen, die von der Flammenwalze eines Waldbrandes eingeschlossen wurden. In weiten Teilen Europas gefährdet monatelange Trockenheit die Ernten.
Wetterextreme wie diese werden infolge des Klimawandels häufiger – und wie sehr die Erdüberhitzung voranschreitet, zeigt auch eine Infografik des britischen Meteorologen Ed Hawkins, von der wir erstmals eine Version mit Daten für Deutschland veröffentlicht haben.
Und dann sind da die riesigen Waldbrände in Schweden. Mehr als alle anderen Hitzenachrichten dieses Sommers sind es die Bilder aus Schweden, die mir Angst machen. Vielleicht weil sie meine private Vorstellung von dem skandinavischen Land als eines sicheren, stabilen Rückzugsortes, als einer Art sicherer Hafen in einer Welt zunehmender Wetterextreme in Frage stellen. Angst: Nach Jahren der intensiven, beruflichen Auseinandersetzung mit dem Klimawandel springt mich dieses dunkle Gefühl in diesem Extremsommer geradezu hinterrücks an. Davon zu sprechen, fällt mir nicht leicht. Auch der Ausweg, die Angst wie gewohnt rational einzuhegen, will mir diesmal nicht recht gelingen. Allerdings: Ungute Gefühle zu benennen und darüber ins Gespräch zu kommen, erscheint mir als ein erster Schritt der Auseinandersetzung.
Diese Auseinandersetzung wollen wir künftig auch bei klimafakten.de in einem neuen Format führen: So wollen wir Menschen, die auf die eine oder andere Art in der Klimakommunikation aktiv sind, künftig regelmäßig zu ihren Erfahrungen und Erlebnissen – und auch zu ihren Gefühlen befragen. Den Anfang unserer neuen Rubrik „Sechs Fragen an …“ macht der ARD-Meteorologe Karsten Schwanke.
Dass das Gespräch eine geradezu therapeutische Funktion hat, weiß auch der Wiener Umweltmediziner Hans-Peter Hutter. Im Interview mit klimafakten.de-Autor Claus Reitan sagt er: Angesichts der drohenden Erdüberhitzung sollten Ärzte mit ihren Patienten über die Folgen des Klimawandels für die Gesundheit sprechen – und auch öffentlich, politisch Stellung beziehen. Nach der politischen Sommerpause wird also weiter über Klimapolitik zu sprechen sein.
Mit, trotz allem, guten Wünschen für den Sommer,
Im ARD Brennpunkt zur Sommerhitze 2018 erklärt Sven Plöger den Einfluss des Klimawandels.
Anschließend ein Schnappschuss aus einem Vortrag von Harald Lesch zu dem Thema.
Christoph Albuschkat, in der Mainzer Urstrom Genossenschaft engagiert: “Zur Veranschaulichung: Wir müssen runter von 11 auf 3 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr in Deutschland. Also etwa -75 %. Im Durchschnitt! Sehr schnell!”
Diese Hitzewelle über weite Teile der nördlichen Hemisphäre könnte wochen- und möglicherweise sogar monatelang anhalten. Und die beschleunigte Erwärmung in der Arktis im Vergleich zum Rest des Planeten könnte einen wichtigen Beitrag leisten. Jennifer Francis (Rutgers University), spricht im März 2018 über Wetteränderungen. Und wie hängen diese mit dem Klimawandel zusammen?
Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator
This heatwave across much of the northern hemisphere could continue for weeks, and possibly even months. And accelerated warming in the Arctic compared to the rest of the planet could be a key contributor. https://www.newscientist.com/article/… Jennifer Francis (Rutgers University), speaks March 2018 about weather changes. And how are those related to climate change? Full talk https://www.youtube.com/watch?v=U2FxJ… Kai Kornhuber (Climate Analytics) 2016, explains Rossby waves, full release https://www.youtube.com/watch?v=MzW5I… WAPO News article https://www.washingtonpost.com/news/c… Jet stream https://en.wikipedia.org/wiki/Jet_stream Rossby wave https://en.wikipedia.org/wiki/Rossby_…
Ausgerechnet der strukturschwache Rhein-Hunsrück-Kreis gilt international als Vorbild für erneuerbare Energien. Von Japan bis Afrika kommen Experten und lassen sich inspirieren.
Ein Gruß an alle Freunde der Hunsrücker Höhenwind und den ehemaligen Landrat Bertram Fleck: In einem Pariser Café habe ich schon 2015 einen holländischen Wissenschaftler getroffen, der voller Begeisterung die Entwicklung im Hunsrück wahrgenommen hat.
Der Kreis produziert heute dreimal so viel erneuerbaren Strom wie er selbst verbrauchen kann. Vor 20 Jahren sah das hier noch ganz anderes aus – keine einzige Kilowattstunde wurde vor Ort erzeugt. Auch im Wärmebereich schreitet die Entwicklung stetig voran. Bei Einsparungen, dem Bau von Nahwärmenetzen und Fotovoltaikanlagen. Der Erfolg des Rhein-Hunsrück-Kreises macht immer mehr Menschen neugierig. Nicht zuletzt durch den Gewinn des Europäischen Solarpreises im Jahr 2011. Wie geht so was? Rechnet sich das – auch wenn es keine staatliche Förderung erneuerbarer Energien gibt? Bisher haben Delegationen aus 34 Nationen den Kreis besucht, um sich von der Energiewende berichten zu lassen … weiterlesen bei SWR2
Hans-Joachim Schellnhuber (Direktor des Institutes für Klimaforschung) spricht bei der Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen über den Klimawandel.
Wir haben gelernt, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe nur arme Menschen betrifft. Dass es nur die Dritte Welt betrifft. Wenn du reich bist, oder wenn du in Orten wie den USA und Europa lebst, bist du sicher – oder zumindest sicherer.
Jetzt merken immer mehr Menschen auch in Europa: Das ist falsch. Robert Scribbler warnt auf seinem Blog immer wieder davor, dass der Klimawandel JEDEN
Einzelnen betrifft. Dass niemand wirklich sicher vor seinen direkten oder systemischen Auswirkungen ist.
Der Grund dafür ist, dass die sich verschärfenden Auswirkungen des Klimawandels auf den Meeresspiegelanstieg, das extreme Wetter, die Versauerung der Ozeane letztlich so weitreichend sind, dass man keinen Ort auf der Erde realistischerweise als unbedenklich bezeichnen kann. Und selbst wenn Sie das Sperrfeuer dieser unterschiedlichen Auswirkungen persönlich vermeiden, kann der Schaden von den steigenden Niveaus der Erwärmung schließlich so gravierend werden, dass ernste Gefahren des Einsturzes verschiedener zivilisatiorischer Erungenschaften bestehen: Wasser-, Energie-, Transport- und Nahrungsmittelversorgung.
Obgleich die Effekte an der gegenwärtigen Erwärmung von 1.2 C mild sind im Vergleich zu 2 C, 3 C, 5 C oder mehr, schlagen sie schon gewaltig zu. Sie treffen wahllos in weiten Teilen Kanadas, Kaliforniens, New Yorks, New Orleans, Brasiliens, Bangladeschs, Russlands, Puerto Rico, Indiens und Chinas sowie in mehr weit entfernten Orten, als wir hier aufzählen können. Der systemische Zusammenbruch von Puerto Rico infolge eines durch die globale Erwärmung verstärkten Hurrikans kann als ein relativer Mikrokosmos zu dem gesehen werden, was eine breitere globale Zivilisation erwartet, wenn wir die CO2-Emissionen nicht reduzieren.
Schwere Dürre in Spanien und Portugal
In dieser Woche steht nur noch eine weitere Geschichte über katastrophale Auswirkungen des Klimawandels auf der iberischen Halbinsel in Europa im Mittelpunkt. 2017 ist das derzeit dritttrockneste Jahr in Spanien. Nach einem ungewöhnlich trockenen 4-Jahres-Zeitraum beginnt sich die Situation zu verschärfen. Der Douru River, der im Grunde genommen der Mississippi des spanischen Weinbaugebiets ist, ist zu 60 Prozent trocken. Riesige Stauseen wie die Cuerda del Pozo sind leer. Die Wasserkraft wurde um 58 Prozent reduziert. Und Waldbrände und Ernteausfälle haben sich ausgebreitet, mit der schlimmsten Weinlese seit Jahrzehnten, die zu einer weltweiten Verknappung des Weins geführt hat.
In Portugal hat der trockenste Oktober seit 20 Jahren eine Regierungskampagne zum Wassersparen angestoßen. An manchen Orten des Landes muss Wasser per LKW angeliefert werden, da lokale Quellen versagen. Der Premierminister des Landes erklärt, dass ein Wasserwunder nötig sei, um die Dürre zu lindern.
Diese Auswirkungen folgen auf einen tödlichen Ausbruch von Waldbränden im Oktober, bei dem 44 Menschen ums Leben kamen und 71 verletzt wurden. Einer der schlimmsten in der Region, der den Kontext von Bränden wie dem Fort McMurray Fire in Alberta und den jüngsten Waldbränden in Nordkalifornien, die mehr als 10.000 Gebäude zerstörten, ergänzt.
Regen in der Vorhersage, aber die globale Erwärmung wird der Region verschlimmernde Dürren bringen
Die vom Menschen verursachte globale Erwärmung erhöht die Wahrscheinlichkeit einer extremen Dürre, indem sie sowohl die Niederschlags- als auch die Verdunstungsrate erhöht. Weil dieser Effekt ungleichmäßig ist, während sich die Welt erwärmt, gibt es immer mehr Extreme.
Für Spanien und Portugal bewegen sich die Klimazonen nach Norden. Dies bedeutet, dass wüstenähnliche Temperaturen und Bedingungen in den gesamten Mittelmeerraum aus der Sahara häufiger eindringen. Eine Realität, der sich die meisten Südeuropäer mit der Zeit stellen müssen, wenn sich die Erde weiter erwärmt.
Nach der großen Friedensdemonstration 1983 war war ich am 4. November 2017 wieder in Bonn. Mit 25.000 Menschen demonstrierte ich für den Kohleausstieg. Anlässlich der Klimakonferenz in Bonn, die offiziell vom Pazifikstaat Fidschi ausgerichtet wird, waren auch viele Aktivisten aus vom Klimawandel bedrohten Inselstaaten angereist.
Sapperlot, da habe ich tatsächlich meine Hunsrücker von Höhenwind übersehen, aber es war auch echt voll. Diese Foto ist von Thomas Bernhard.
Berichterstattung in der Tagesschau:
Zu der Demo hat ein Bündnis aus Umweltorganisationen wie Greenpeace, BUND, Nabu und Campact aufgerufen. Laut Veranstalter kamen 25.000 Menschen – weit mehr als erwartet.
Es ist zum heulen. Das Land der Dichter, Denker und Hochtechnologie ist Weltmeister in dreckiger Braunkohle.
Unser Wachstumswahn droht die Erde für unsere Nachkommen unwirtlich zu machen, warnen 45 Persönlichkeiten und legen ein “Generationen-Manifest” vor, um den kurzsichtigen politischen Debatten hierzulande etwas entgegenzusetzen. Es enthält zehn Forderungen für den Koalitionsvertrag.
Hans Joachim Schellnhuber ist genauso dabei wie Ernst Ulrich von Weizsäcker, Hannes Jaenicke oder Felix Finkbeiner: 45 Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und öffentlichem Leben appellieren an die nächste Bundesregierung, sich den zehn größten Gefahren für die kommenden Generationen zu stellen. Es geht um Herausforderungen wie Krieg, Klimawandel, Armut, Hunger und Ungerechtigkeit.
Die Lage fassen die Initiatoren in einem Satz zusammen: “Unsere Leistungsgesellschaft mit ihrem Produktions- und Wachstumswahn ist dabei, die Erde für unsere Nachkommen unwirtlich und unbewohnbar zu machen.” In Deutschland hätten die meisten Parteien aber nicht einmal einen Planungsmaßstab, der die Interessen der nächsten Generation angemessen berücksichtigen könne.
In einem “Generationen-Manifest” haben die 45 Aufrufer deshalb zehn Punkte aufgelistet, die die kommende Bundesregierung im Koalitionsvertrag unbedingt berücksichtigen soll. So heißt es zum Klimaschutz: “Wir fordern die Bundesregierung auf, den Einsatz fossiler Brennstoffe bis 2040 zu beenden sowie ein tragfähiges Konzept für CO2-Besteuerung beziehungsweise Emissionshandel vorzulegen.” Weitere konkrete Forderungen betreffen Bildung, Migration, Digitalisierung, Müll und Unternehmenshaftung.
Das Generationen-Manifest ist die Fortschreibung eines ersten Manifests von 2013, das mehr als 105.000 Menschen unterzeichneten. Nach einer intensiven Diskussion mit Experten aller Altersstufen formulierte eine Gruppe um den Klimaforscher Schellnhuber, die Ökonomin Maja Göpel und andere vor einigen Wochen die Endfassung.
“Nicht länger so tun, als wäre nichts”
Die Initiatoren sehen ihr Manifest als Startschuss für einen langfristigen Dialog mit der Zivilgesellschaft. Generationengerechtigkeit soll wieder in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Debatte rücken. Die abschließende Forderung lautet, “Generationengerechtigkeit in das Grundgesetz aufzunehmen und so sicherzustellen, dass Haftungsforderungen im Namen zukünftiger Generationen eingeklagt werden können”.Das Generationen-Manifest könne viel bewegen, “wenn wir aufhören so zu tun, als wäre nichts”, sagt Ko-Autorin Maja Göpel. Stattdessen sei jetzt die Zeit, “die Themen auf den Tisch legen und gemeinsam an der Welt arbeiten, die wir uns alle zusammen vorstellen”. Auch Schellnhuber sieht die Krise als Chance: “Wir können vermeiden, dass unsere Nachkommen schlechtere Lebenschancen haben als wir.”