Blockade bei den Klimaverhandlungen in Paris

Broschüren mit Gesundheitshinweisen und rechtlichen Infos werden verteilt

Ich bin völlig fasziniert mit welcher Entschlossenheit, Mut, sozialer Kompetenz und vor allen Dingen Phantasie und Intelligenz hier in kleinen Gruppen die Aktionen für morgen vorbereitet werden.

An alle Aktivisten wird eine rote Blume verteilt

Ich habe aber auch Angst vor der französischen Polizei. Tipps wie „wickele dir Zeitungen ums Schienbein, da hauen die gerne drauf“ beunruhigen mich Schisser eher. Es wird ein Aktionsbereitschaft ermittelt. In die eine Ecke des Raumes gehen die, die sich zutrauen vorne mit dabei zu sein, in die zweite Ecke die, die mehr zuschauen. Dann können sich auch Kleinstgruppen auf dieser Raumachse dazwischen positionieren. Ich stehe im Raum, aber sehr nahe an Ecke zwo.

Tag der Vorbereitungen, durchdacht und klasse organisiert

Was ist eine Demonstration?

Demonstrationen sind morgen in Paris strengstens verboten. Was ist eine Demonstration? Wenn mehr als zwei Menschen die gleiche politische Meinung kundtun. Deshalb werden wir alle nur zu zweit losschwärmen.

Neben den roten Blumen wird es morgen viele rote Regenschirme, Jacken und Schals geben, um die symbolischen roten Linien zu ziehen.

Zum Abschluss der Klimaverhandlungen werden also Tausende von Menschen paarweise auf die Straßen ziehen, um das letzte Wort zu haben und um zu zeigen, dass wir unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen. So schaffen wir die Voraussetzungen für weitere Aktionen im Jahr 2016.

So soll es ablaufen: Gegen 11:45 Uhr treffen wir uns auf den Bürgersteigen entlang der Avenue de la Grande Armée zwischen der Place de Etoile und Porte Maillot. (nicht am Arc de Triomphe — dort werden Versammlungen sofort aufgelöst).

Folgen den roten Pfeilen entlang der Straße, um zum Veranstaltungsort zu gelangen

12:00 Uhr sollen Signale eines Nebelhorns ertönen, dann schlendern wir paarweisen Fußgänger auf die Avenue de la Grande Armée bis es anfängt zu strömen. Dort den roten Schirmen und Pfeilen die uns leiten hinterher. Auf der Straße, so der Plan, Tausende roter Tulpen verteilen, riesigen Transparente entrollen und eine lange „rote Linie” bilden.

Wenn die Nebelhörner ein zweites Mal ertönen, heißt es zwei Minuten lang schweigend innehalten, bis Blaskapellen anfangen zu spielen. Danach legen wir unsere Blumen zum Gedenken an die Opfer des Klimawandels auf die Straße.

Hochkonzentriert werden im Plenum Fragen gestellt und beantwortet
Der Plan für morgen: Wie auch immer das Gipfeltreffen ausgehen mag, Folgendes gilt weiterhin: Es sind nicht Politiker*innen die Bewegungen anführen – sondern die Menschen.

Der Veranstaltungsort wurde bis jetzt geheim gehalten, damit  effektiv mobilisiert werden kann. Nachdem jetzt alle Details feststehen und noch 24 Stunden bleiben, ist es an der Zeit, dass die Öffentlichkeit über die Aktionen informiert wird.

Die Lösungen liegen auf der Hand: Wir müssen aufhören, fossile Brennstoffe zu fördern und zu verbrennen. Stattdessen, wo immer möglich, erneuerbare Energien ausbauen und Sorge tragen, dass die am schlimmsten vom Klimawandel betroffenen Regionen über die nötigen Ressourcen verfügen um der Krise zu begegnen. Dies könnte ein Wendepunkt sein – dafür kämpfen die Demonstranten in Paris.

noch einige juristische Hinweise zum mitschreiben

ARD-Reporter Werner Eckert hat beim Klimagipfel eine Veranstaltung von Wissenschaftlern besucht, die Auswirkungen des künftigen Klimavertrags untersuchen. Hier sind seine Eindrücke: „Gefährlich bis tödlich nennt Professor Kevin Anderson vom „Tyndall Center for climate change“ den derzeitigen Verhandlungsstand. Fünf wissenschaftliche Institute sind sich einig: dass darin maximal 1,5 bis zwei Grad Erderwärmung als Ziel festgeschrieben werden, ist gut, aber für sich genommen nur eine Hausnummer. Alle konkreten Vorgaben für die Staaten sind bereits aus dem Entwurf gestrichen. Das ist alles vage und setzt keine klaren Signale, sagt Professor Johan Rockström von der Universität Stockholm. Er rechnet vor: Wenn nur die bereits eingereichten, freiwilligen Selbstverpflichtungen der Länder umgesetzt werden, dann führt das die Welt auf mehr als drei Grad zu. Und da es bis 2030 auch keine Verbesserungen geben muss, wird bis dahin so viel Co2 ausgestoßen, dass damit auch die Chance vertan ist, jemals unter zwei Grad zu bleiben.

Die Zukunft des Kindes dass dieses Bild zum Klimagipfel gemalt hat, steht auf der Kippe. Bitte auf das Bild doppelt klicken um es zu vergrößern.

Ungenügend nennt auch Professor Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung die konkreten Vorgaben für den Klimaschutz. Er vertritt allerdings die Auffassung, dass die Atmosphäre vorübergehend mehr CO2 vertragen würde, wenn man es anschließend – durch Aufforstung zum Beispiel – wieder herausholt. 1,5 Grad erscheinen nach Angaben der Wissenschaftler unrealistisch. Dazu müsste der Kohle-, Öl- und Gasverbrauch der gesamten Welt schon 2020 seinen Höhepunkt erreichen und danach stark sinken, spätesten 2050 „0“ sein. Die Wissenschaftler sind auch enttäuscht davon, dass von „Dekarbonisierung“, also vom Abschied von fossilen Brennstoffen, nicht mehr die Rede ist. Stattdessen ist nun von „Treibhausgas-Neutralität“ die Rede. Das unterstellt nämlich, dass Wälder und Ozeane CO2 aufnehmen. Steffen Kallbekken von der Universität Oslo nennt das riskant. Bislang speichere der Ozean nämlich 55 Prozent der Treibhausgase. Aber erstens wird er dadurch immer saurer und zweitens werde das nicht unbeschränkt weiter so gehen.“

Climate Action Zone ZAC

Fotos: Reinhard Sczech, 10.12.2015

Wie bei allen meinen Reisen: etwas abgehetzt und vermutlich was Wichtiges vergessen, Einstieg in den IC, Mainz Hauptbahnhof Richtung Mannheim, von dort mit dem französischen TGV weiter. In Schnellzugsteige n in Saarbrücken fünf fett bewaffnete französische Polizisten ein. Sofort Unruhe, kurz darauf Schreie und Sc himpfen. Dann Ruhe. Auf dem Sitz links vor mir, schläft ein junger Mann. Ich wundere mich, warum er trotz dem Lärm nicht einmal den Kopf hebt. Dann kommen drei Beamte zu uns. Sehen mich kurz an, rütteln an dem jungen Mann: „Passport?“. Der etwa 19-jährige schüttelt den Kopf. „Nationality?“ „Afghanistan“. Routiniert zieht einer den Jungen aus dem Sitz, mit traurigem Gesicht und stumm lässt er es geschehen, alle verschwinden im nächsten Wagen. Eine Frau schimpft auf französisch. Zwei Minuten später „außerplanmäßiger Halt in Forebach“. Die Polizisten und sechs junge Männer verlassen den Zug. Die verbleibenden schauen sich betroffen an.
So verlaufen die ersten Stunden meiner Reise zum Klimagipfel nach Paris. Wir fahren gerade 311 Kilometer pro Stunde.

Solutions COP21

Nachmittags besuche ich das offizielle Rahmenprogramm für den Weltklimagipfel: „Solutions COP21“ im Grand Palais. Wegen Kontrollen wie am Frankfurter Flughafen eine Stunde Wartezeit, obwohl nicht besonders viel los ist. Das Programm finde ich großenteils enttäuschend. Einige Firmen sind echt bemüht, aber beispielsweise bei Coca Cola werde ich reflexartig misstrauisch. Von einem Schweizer Forscher der „H orizon Social Media Analytics “ nehme ich am meisten mit. Darüber werde ich einen eigenen Beitrag schreiben.

Viele Kameras, viele Reden, wenig Publikum bei den Solutions COP21
Bei der Rheinland-Pfalz Ausstellung in Mainz war deutlich mehr los als bei den Lösungen für die Weltrettung in Paris 2015
Ein spannendes Gespräch, wie man die Stimmungen in den Social Media analysiert
In der ZAC war nun aber richtig was los

Climate Action Zone (ZAC)

In der ZAC sollte eigentlich von den Umweltgruppen die gr oße Klimaschutzdemonstration am Ende des Klimagipfels vorbereitet werden. Bündnisse aller Schattierungen rund um den Globus hatten ihre Mitarbeit angekündigt. Dann kamen die Terroranschläge am 13. November wie eine Seuche über Paris. Vollständiges Demonstrationsverbot.

Überwiegend junge Menschen interessiert die Rettung der Zivilisation, die anderen kämpfen mit den Alltagsproblemen

Als Alternative werden nun fantasievolle, gut organisierte, gewaltfreie aber entschiedene Aktionen geplant. Als ich ins ZAC komme, ist die Plenumshalle rappelvoll. Es wird diskutiert was zu tun ist und wie die Lage politisch einzuordnen ist. Im Plenum sitzt auch Naomi Klein. Die anderen kenne ich nicht, viele der Redebeiträge sind in französisch. Sprachbegabung hat man mir leider nicht mit in die Wiege gelegt.

Diese Menschen zu erleben…. ich bin froh, doch nach Paris gefahren zu sein

Naomi Klein räumt freimütig ein, dass auch sie erst vor 10 Jahren die volle Brisanz des Klimawandels begriffen hat.

Klick gemacht

Wenn ich tief in mich gehe, muss ich gestehen bei mir sind es weniger als fünf Jahre her bis es „klick“ machte. Was eigentlich schon beschämend ist, da ich als Ingenieur sowohl mit Regelkreisen wie auch Statistik und nichtlinearen Simulationsverfahren reichlich Erfahrung sammeln durfte. Aber trotz vielfältiger Literatur hat mein Gehirn sich einfach geweigert die bittere Wahrheit voll zu realisieren. Wie auch. Da liest du eine alptraumhafte Analyse, die menschliche Zivilisation ist dabei sich auszulöschen, das sechste große Massensterben auf dem Planeten hat begonnen, du schaltest den Fernseher an, „und nun die Lottozahlen“.

Sicher, ich war schon viele Jahre vorher umweltbewusst, habe in Windenergie investiert (und damit sehr gut verdient), Müll getrennt, dicke Autos vermieden, Greenpeace unterstützt, die Grünen (oft sehr zähneknirschend) gewählt und nur Ökostrom durch die Steckdosen gejagt. Aber begriffen hatte ich es nicht wirklich.
Jetzt bin ich in Paris, um die Luft um den Weltklimagipfel einzuatmen und ein Gefühl dafür zu bekommen: Wie groß sind die Chancen der Menschheit die Kurve zu bekommen?
Es muss zweifellos eine sehr scharfe Kurve sein, eine Revolution. Die Zeit zum herumzackern haben wir nun wirklich nicht mehr.

Etwas wehmütig kommt mir der Eiffelturm vor

Afrikanische Stimmen zum Klimawandel

L etzten Montag ist parallel zum Start der Pariser Klimakonferenz meine Informationsplattform „ African Climate Voices – Afrikanische Stimmen zum Klimawandel “ online gegangen, und ich würde mich sehr über Ihr Feedback und eine eventuelle Weiterleitung dieser Informationen an interessierte Kolleginnen und Kollegen freuen.

Herzliche Grüße aus Hannover !

Björn Jürgensen

„African Climate Voices“ – Afrikanische Stimmen zum Klimawandel – jetzt online

Die Informationsstelle Südliches Afrika (issa) begleitet den Weltklimagipfel in Paris (November/Dezember 2015) mit einem Informationsportal zum Klimawandel im südlichen Afrika. Die „ African Climate Voices “ richten sich an die in diesem geografischen Gebiet aktiven Eine-Welt-Initiativen, Afrikagruppen, Klima- und Umweltschutzorganisationen und Institutionen. Zudem wollen wir alle am südlichen Afrika und an Klimafragen interessierten Personen erreichen. Ziele der Plattform sind die Intensivierung des (trans-)nationalen Süd-Nord-Austauschs im Kontext des UN-Klimagipfels in Paris im Dezember 2015, die entwicklungspolitisch bedeutende Informationsvermittlung über den Klimawandel und dessen Folgen im südlichen Afrika und die Dokumentation und Verbreitung der Stimmen aus dem südlichen Afrika.

http://africanclimatevoices.com/

Klimaschutz und Gerechtigkeit

Du hast einen schrulligen Onkel der immer noch sagt „Hör‘ mir auf mit Klimawandel, die Wissenschaftler sagen jedes Jahr was anderes? Einen Kollegen,  der kundtut „alles halb so schlimm, was geht mich der Klimawandel an“?  Einen Chef der ruft: „Wachstum ist am wichtigsten für uns, später werden wir schon was gegen den Klimawandel erfinden“?

Der RBB Film Klimaschutz und Gerechtigkeit ist bestens geeignet für Aufklärung zu sorgen.

Klimaschutz und Gerechtigkeit

16.11.2015 | 28:53 Min. | UT | Verfügbar bis 16.11.2016 | Quelle: Rundfunk Berlin-Brandenburg

Trotz der blutigen Anschläge will Frankreich Ende des Monats Gastgeber des Klimagipfels in Paris bleiben. Die hohen Kohlenstoffwerte in der Atmosphäre und die Erderwärmung zwingen zum Handeln. Der heißeste Sommer seit Beginn der Messungen brachte Deutschland Tornados, brennende Getreidefelder und einen riesigen Flüchtlingsstrom. Gibt es da Zusammenhänge?

Öl-Lobby sponserte Kriegsverbrecher

Klasse Beiträge gibt es von der RBB OZON Redaktion.

Populäre Wissenschaft
Auf allen weiteren Montags-Sendeplätzen setzt die Redaktion Wissenschaft/Bildung populäre Wissenschafts-, Tier- und Naturfilme ein, die selbst produziert oder von anderen ARD-Anstalten übernommen werden.

WissensZeit im rbb
Das Bildungsangebot des rbb Fernsehens, montags bis freitags, 6:20 Uhr bis 6:50 Uhr.

nano
Die Redaktion arbeitet am 3sat-Wissenschaftsmagazin „nano“ mit, das gemeinsam von ARD, ZDF, ORF und dem Schweizer Fernsehen produziert wird. Das rbb Fernsehen sendet  „nano“ montags bis freitags um 6:50 Uhr.

Birgit Berg: „Wer sich das Denken abnehmen läßt, darf sich nicht wundern, wenn man ihm bald auch den Kopf abnimmt.“

Schau nach wo du wohnst

Welche Auswirkungen wird der Klimawandel in der Stadt oder in der Region haben, in der Du wohnst?
Welche Maßnahmen zur Anpassung sind vielleicht auch schon geplant?

Tools für ganz Deutschland:
Hier erhältst Du einen Überblick über Klimafolgen und kannst Dich über Karten orientieren.

KlimafolgenOnline (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung)

Deutscher Klimaatlas (Deutscher Wetterdienst)

Regionaler Klimaatlas Deutschland (Helmholtz-Zentrum Geesthacht)

Informationen und Projekte für bestimmte Regionen:
Hier gibt es vertiefte Informationen für einzelne Regionen und Sektoren über Klimafolgen und Anpassung.

Klimzug – Klimawandel in Regionen (Bundesmin. für Bildung und Forschung)

Klimalotse (Umweltbundesamt)

INKAS Informationsportal KlimaAnpassung in Städten (Deutscher Wetterdienst)

Klimafolgen-Atlas für Europa

Ein Atlas, der die Auswirkungen einer Temperaturerhöhung um 2 °C für Europa darstellt:

https://www.atlas.impact2c.eu/en/

March 4Me

Statt großer Märsche, Kundgebungen und „Climate-Games“, müssen die Organisationen nun Improvisationstalent und Kreativität beweisen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen: In den vergangenen Tagen fand eine „Schuh-Demonstration“, Adbusting und mehrere Menschenketten statt. Doch es blieb nicht immer friedlich: Bei Ausschreitungen am Sonntag setzte die Polizei Tränengas und Schlagstöcke ein, 208 Demonstranten wurden nach Angaben des Innenministeriums festgenommen.

March for me

Angesichts der Auflagen und Schwierigkeiten auf den Straßen von Paris zu demonstrieren, entwickeln sich alternative Protestestformen im Internet. So bietet etwa die Plattform March for me Menschen in Paris die Möglichkeit, Aktivisten auf der ganzen Welt stellvertretend für sich selbst auf die Straße zu schicken. Rund 30.000 Menschen sind dort bereits registriert. Was bisher nur für die Demonstrationen am 28. und 29. November angelegt war, könnte auch beim Global Climate March am 12. Dezember für Klimaschützer in Paris eine Möglichkeit sein, ihren Forderungen Gehör zu verleihen.

COP21: Schutzlos

Insel- und Entwicklungsländer kritisieren schärfer denn je: Das Zwei-Grad-Ziel reicht nicht, um ihr Überleben zu sichern

Text: Wolfgang Hassenstein

Man stelle sich vor, Deutschland sei ein Inselstaat in der Nordsee, und Wissenschaftler prognostizierten seinen vollständigen Untergang irgendwann in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Allen sei klar, dass der ungezügelte Ausstoß von Treibhausgasen in riesigen Staaten auf der anderen Seite des Planeten der Grund dafür ist. Auch die Menschen in diesen Ländern wüssten seit Jahrzehnten vom Schicksal der Germanischen Inseln, aber sie seien nicht bereit, ihren Lebensstil zu ändern.

Erst als es ihnen dämmert, dass der Klimawandel auch ihnen selbst ernste Probleme bereiten wird, einigen sie sich mit Ach und Krach auf ein sogenanntes „Zwei-Grad-Ziel“. Eine verzweifelte Kanzlerin erklärt auf großen Konferenzen immer wieder, dass die Deutschen ihr Land verlieren werden, wenn die Erde sich tatsächlich derart stark erwärmt. Ihr wird aber nur entgegnet, ein schärferes Klimaziel sei „unrealistisch“, dafür sei es jetzt leider schon zu spät.

Die V20-Staaten fordern stellvertretend für viele besonders verwundbare Länder das 1,5-Grad-Ziel Karte: Carsten Raffel

Genau in dieser Situation befinden sich verschiedene kleine Inselstaaten wie Kiribati, Tuvalu, Vanuatu und die Malediven. Und nicht nur für sie ist die Erderwärmung eine existenzielle Bedrohung, sondern auch für große Länder wie Bangladesch mit seinen 160 Millionen Einwohnern. „Wir lehnen es ab, das Opfer der internationalen Gemeinschaft in Paris zu sein“, erklärte Anwar Hossain Manju, der Umweltminister des Landes, zur Eröffnung der Pariser Klimakonferenz. „Wenn unser Überleben hier nicht auf den Tisch kommt, wird damit eine rote Linie überschritten. Alle Parteien haben die Pflicht zu handeln. Es nicht zu tun, ist ein Verbrechen.“ Offensichtlich treten die durch den Klimawandel besonders gefährdeten Staaten auf der COP21 so entschlossen und stark auf wie nie zuvor.

Schon auf den letzten Klimagipfeln hatten etwa die „Allianz der kleinen Inselstaaten“ (AOSIS) sowie die „Gruppe der ärmsten Länder“ (LDC) ehrgeizigere Klimaziele eingefordert. Mehrfach machten ihre Vertreter mit flammenden Reden auf ihre Situation aufmerksam: „Für uns ist das hier nicht einfach ein Treffen. Es geht um Leben oder Tod“, erklärte 2009 Mohammed Nasheed, der damalige Präsident der Malediven, auf der Konferenz in Kopenhagen.

Kurz zuvor hatte er mit seinen Ministern medienwirksam die weltweit erste Kabinettssitzung auf dem Meeresboden abgehalten. „Bei einem Temperaturanstieg von mehr als 1,5 Grad wird mein Land untergehen , die Korallenriffe werden sich auflösen und unsere Ozeane versauern“, warnte Nasheed. „Das gesamte Klima des Planeten wird aus den Fugen geraten.“ Die Konferenz scheiterte trotzdem.

Und vor zwei Jahren erklärte bei der COP19 in Polen Yeb Saño, der Delegierte der Philippinen, mit tränenerstickter Stimme: „Die Klima-Krise ist ein Wahnsinn.“ Damals verwüstete pünktlich zum Konferenzauftakt der Monster-Taifun Haiyan mit nie dagewesener Wucht seine Heimat und riss tausende seiner Landsleute in den Tod. Saños emotionaler Ausbruch machte im Konferenzzentrum für einige Minuten die Klimarealität regelrecht spürbar: „Lasst uns diesen Wahnsinn stoppen“, rief er, „hier in Warschau“.

Diese „neue Klimarealität“ nehmen nun, auf der COP21, gleich mehrere Staatengruppen zum Anlass, das in Kopenhagen offiziell beschlossene Zwei-Grad-Ziel wieder in Frage zu stellen : Die Obergrenze der Erwärmung müsse auf 1,5 Grad Celsius abgesenkt werden, um das Überleben dieser Staaten zu ermöglichen.

In einer zum Konferenzbeginn vorgestellten „Manila-Paris-Erklärung“ äußern sich die Staats- und Regierungschefs der Vulnerable Twenty Group (V20) „tief besorgt über die neue Klimarealität“ . Neue Forschungsergebnisse hätten gezeigt, dass das derzeit geltende Zwei-Grad-Ziel „unangemessen“ sei.

Zur V20-Gruppe haben sich Länder aus Südasien, Afrika und Mittelamerika zusammengeschlossen, mehrere Inselstaaten im Pazifik und der Karibik sowie die Mongolei und Nepal. Sie sind von der ganzen Bandbreite der Klimafolgen betroffen: steigende Meeresspiegel und sterbende Riffe, Lawinen, Erdrutsche und Überschwemmungen, tropische Wirbelstürme, Dürren und Hitze. Die Forderung: 100 Prozent Erneuerbare bis 2050, eine „Dekarbonisierung“ der Weltwirtschaft nicht bis zum Ende, sondern schon bis zur Mitte des Jahrhunderts.

Dabei betonen sie auch die Chancen der globalen Energiewende: „Es ist ein Mythos, dass Einschnitte bei den Emissionen das wirtschaftliche Wachstum gefährden“, erklärte der Außenminister von Costa Rica mit Verweis auf entsprechende Erfolge im eigenen Land.

Überdies forderten im März in der „Kairo-Erklärung“ auch alle 54 Staaten Afrikas die Absenkung des globalen Klimaziels auf 1,5 Grad , und Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi, in dessen Land das fruchtbare Nildelta vom Untergang bedroht ist, trug die Forderung nach Paris. Unterstützung erhielten sie übrigens von UN-Experten, die vor der Pariser Konferenz erklärten, das 1,5-Ziel sei nicht nur empfehlenswert, sondern noch machbar. Nötig sei der politische Wille.

Dass sich die Weltgemeinschaft in Paris tatsächlich auf das ehrgeizigere Temperaturziel einigt, welches die Risiken des Klimawandels erheblich mindern würde, gilt als sehr unwahrscheinlich. Die verwundbaren Staaten werden deshalb in den kommenden Jahrzehnten versuchen müssen, sich an den Klimawandel „anzupassen“ – mit finanzieller Unterstützung der Industriestaaten.

Das Thema Geld wird deshalb in Paris eine entscheidende Rolle spielen. Zugleich steigt die Gewissheit, dass den Bewohnern niedrig liegender Inseln schließlich nichts anderes übrig bleibt als der Umzug.

Quelle Greenpeace Magazin

COP 21 Paris: Blogger dieser Welt, vereinigt euch!

Die Energieblogger starten die wichtigste Bloggeraktion der Geschichte.

Die Klimakonferenz in Paris steht im Schatten schrecklicher Terroranschläge. Versammlungen und Protestmärsche sind verboten. Deshalb rufen die Energieblogger alle Medien und vor allem andere Blogger dazu auf, die Proteste gegen einen wirkungslosen Minimalkonsens ins Netz zu verlagern. Trotz oder gerade wegen solcher Anschläge muss der Klimawandel gestoppt werden.

Wir brauchen mehr als einen Minimalkonsens, um künftige Ursachen für Konflikte, Flucht, Naturkatastrophen und Wirtschaftskrisen abzuwehren. Deswegen müssen die besten Stimmen für ein wirkungsvolles Abkommen von der Straße in das Web und in weitere Medien verlagert werden.

Wir fordern ein wirksames Abkommen ein und wollen aufklären, damit PR-Täuschungen von wirksamen Ergebnissen unterschieden werden können. Deswegen unser Aufruf an alle Blogger: Die Welt braucht euch!

Liebe Blogger, Aktivisten, Bürger und Journalisten – wir Energieblogger wollen, dass die Klimakonferenz nicht im Schatten der Terroranschläge untergeht und die Lobbyisten so ein leichtes Spiel haben, nötige Maßnahmen zu verhindern. Die Welt muss von der Klimakonferenz sprechen, nicht von den Anschlägen. Auch die entsandten Diplomaten brauchen Rückendeckung aus der Bevölkerung.

Macht mit bei der COP 21 Blogchallenge ! Wir suchen die besten Artikel zur Klimakonferenz. Diese können bereits geschrieben sein oder auch erst geschrieben werden. Nicht nur Klimamedien sollen berichten, sondern alle Blogs! Es soll ein Bewusstsein dafür entstehen, warum die Konferenz uns alle angeht. Wir möchten vor allem branchenfremde Blogger und Bloggerinnen dazu aufrufen, nach Paris zu schauen und sich folgende Fragen zu stellen:

• Worüber wird in Paris eigentlich verhandelt?
• Welche Ergebnis-Optionen gibt es?
• Was wäre ein „gutes“ Ergebnis, was ein schlechtes?
• Anhand welcher Kriterien können die Ergebnisse der Konferenz bewertet werden?

Wir Blogger werden selbst Artikel schreiben, aber auch viele andere Artikel an die Hand geben, mit denen jeder die Ergebnisse bewerten kann. Wir werden gute, bestehende Kampagnen kuratieren, verstärken und verbreiten. Bitte helft, das deutlich weiter zu verbreiten!

Was jeder tun kann:

1. Beste Quellen auf Facebook empfehlen

Poste die besten Quellen zu Paris auf facebook.com/energieblogger. Like, was empfehlenswert ist. Daraus wählen wir die besten Inhalte aus und pushen sie mit der geballten Kraft unserer sozialen Medien. Bitte tut das Gleiche! Nur zusammen können wir die notwendigen Informationen bekannt machen.

2. Mitmachen bei der Blogchallenge

Nimm dir eins der oben genannten Themen vor. Du bist Blogger, du weißt, wie du Informationen findest. Bilde dir selbst eine Meinung für die Beantwortung der Fragen. Schreibe den Artikel und poste ebenfalls auf der Facebookseite deinen Artikel mit den Hashtags #COP21Paris #Blogchallenge .

3. Als Journalist mitberichten

Bitte berichten Sie von unserer Aktion, damit unsere Anstrengung im Web im großen Konzert und auf der großen Weltbühne wahrgenommen werden! Wir haben nur eine Erde.

Dieser Beitrag wurde nicht von der Redaktion verfasst, sondern ist in Kooperation mit dem Zusammenschluss der Energieblogger in der Rubrik Neues vom Kooperationspartner erschienen.

Sensation: Allianz steigt aus Kohle aus

Klemens Kindermann kommentiert im Deutschlandfunk den sensationellen Ausstieg der Allianz aus der Kohle

Kein Vertrauen mehr in die Kohle

Eine Versicherung versucht immer, zukünftige Entwicklungen und mögliche Risiken zu erkennen. Wenn der Allianz-Konzern nun seinen Ausstieg aus Kohle-Investments ankündige, dann sei das ein Richtungswechsel mit weltweiter Signalwirkung, kommentiert Klemens Kindermann im DLF . Die Botschaft sei: Klimaschädliche Investments rechnen sich nicht mehr.

unvorstellbare 1 750 Milliarden Euro Investitionsgelder werden verwaltet

Diese Ankündigung der Allianz ist wichtiger als viele politische Erklärungen zur Pariser Klimakonferenz nächste Woche: Der weltgrößte Versicherer steigt aus der Kohle aus. Das ist ein Richtungswechsel, dessen Bedeutung überhaupt nicht hoch genug anzusetzen ist. Denn es geht nicht nur um die rund vier Milliarden Euro, die aus dem Investment in Kohlebergwerke und –kraftwerke abgezogen werden. Es geht um ein Signal: Einer der wichtigsten Geldgeber der Welt hat das Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit der Kohle verloren. Das wird Schule machen. Denn was die Allianz tut, wird auf den internationalen Kapitalmärkten mit Argusaugen verfolgt: Immerhin verwalten die zur Allianz gehörende US-Fondsgesellschaft Pimco und Allianz Global Investors die unvorstellbare Summe von 1 750 Milliarden Euro. Wohin die Allianz marschiert, marschieren auch andere.

Die Abkehr von der Kohle wird weitreichende und sehr unmittelbare Folgen für die Energieunternehmen haben, die ohnehin schon mit der Erosion ihres Geschäftsmodells durch die Energiewende kämpfen. Soeben hat der Chef des Stromriesen RWE, Peter Terium, erklärt, er brauche Geld. Aber zur Zeit kriege er das nicht. Nach dieser Ankündigung der Allianz wird er es erst recht nicht bekommen. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Investoren um den stark vom Braunkohle-Geschäft abhängigen Konzern nun gerade einen Bogen machen. Das könnte RWE in wirklich ernste Schwierigkeiten bringen – mit weitreichenden Folgen für Regionen und Arbeitsplätze.

Noch bedeutsamer ist der Schritt der Allianz aber, weil er eine globale Bedeutung entfalten wird. Als international agierender Konzern wird die Allianz die Haltung vieler Kapitalgeber rund um die Erde prägen. Wenn der Konzern meint, klimaschädliche Investments rechneten sich in Zukunft nicht mehr, dann werden weltweit Geldgeber für die Kohleproduktion ihr Engagement überdenken. Ohne Kredite aber ist die Kohleförderung und -verstromung weder in China noch in Indien oder Australien mittel- und langfristig möglich. Dass gerade ein Versicherer diese Wende vollzieht, dessen Geschäft es ist, zukünftige Entwicklungen vorwegzunehmen und vorzurechnen, ist dabei von besonderer Bedeutung. Der Kohleausstieg der Allianz ist das bislang wichtigste Ergebnis der Klimakonferenz in Paris, noch bevor sie begonnen hat.

Die Welt brennt, aber die Versprechen der Staaten für Paris sind nicht einmal gut genug für das 2-Grad Ziel

Dies erklärte Christiana Figueres, die Exekutivsekretärin der UN Rahmenkonferenz zum Klimawandel im Oktober. „Die Intended Nationally Determined Contributions“ (die beabsichtigten national festgelegten Beiträge) können den vorhergesagten Temperaturanstieg auf rund 2,7 Grad bis zum Jahre 2100 begrenzen, aber auf keinen Fall ausreichend.“ http://www.smh.com.au/environment/un-climate-conference/paris-2015-carbon-promises-lock-in-27-degrees-of-warming-un-says-20151030-gkmuw5.html

Auf diese Äußerung stieß mich wieder einmal der Umwelt-Journalist für die gemeinnützige, nutzerfinanzierte Nachrichtenquelle Truthout , Dahr Jamail . Jedes Jahr fasst er die neuesten, wissenschaftlich belegten Fakten zum Klimawandel zum Jahresende hin prägnant zusammen. Dieses Jahr kann man sein Résumée finden unter

http://www.truth-out.org/news/item/33756-cop21-too-little-too-late-temperature-co2-thresholds-breached-as-climate-disruption-intensifies

Als erstes zitiert er mehrere Quellen, die darauf hinweisen, dass die bisher schon in die Atmosphäre verbrachte CO2-Menge mindestens die von Frau Figueres zitierten 2,7 Grad Erwärmung verursachen wird, dass aber, wie James Hansen andere Wissenschaftler warnen, schon eine Erwärmung von einem Grad Celsius unaufhaltsame Feedback-Schleifen in Gang setzen könnten (siehe: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0081648 )

und dass dem Meterologischen Amt Großbritanniens zufolge in diesem Jahr dieses eine Grad Celsius globalen Temperaturanstiegs bereits überschritten wurde (siehe: UK Metereological Office: temp. rise more than 1°C ).

Danach, und zwar unter dem Titel

The faux goal of 2 degrees Celsius continues to be discussed. Meanwhile, the planet burns.

weist Dahr Jamail auf die Folgen dieser globalen Erwärmung um ein Grad hin: Der Planet brennt.

Im übertragenen Sinn zeigen Hurricanes nie dagewesener Stärke (Hurricane Patricia in Mexiko) und noch nie aufgetretener Örtlichkeit (zwei Hurricanes in weniger als einer Woche in Jemen) die Wirkung dieses Brennens.

Satellite-estimated rainfall totals from Tropical Cyclone Chapala.
In den Ozeanen führt die Erwärmung zum rapiden Artensterben auf Korallenriffen, im offenen Meer und in der Arktis und Antarktis, und überall, von Papua Neu Guinea bis Alaska, von  Äthiopien bis Subsahara Afrika bedrohen Dürren oder Ernterückgänge als Folge des Klimawandels die Ernährung von Millionen von Menschen (50 Millionen allein in Afrika nach UN-Schätzungen).

Aber die Erde brennt auch ganz wörtlich. 2015 brachte die schlimmste Waldbrandsaison in USamerikanischer Geschichte, und in Indonesien gab es bis Mitte Oktober mehr als 100.000 einzelne Feuer, die bis dahin einen Schaden von über 30 Milliarden Dollar anrichteten und offiziell als die schlimmste Feuersbrunst der indonesischen Geschichte gilt.  Die folgende Weltkarte zeigt, wie sehr von die menschengemachte Klimaerschütterung Feuer auf der südlichen Halbkugel nährt.

aktuelle Weltfeuerkarte, siehe: www.fire.uni-freiburg.de/current/globalfire.htm

Für uns Menschen beginnt in manchen Teilen der Erde die Luft schon zu brennen. In Ländern der Golfregion wie Quatar, Saudi Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate wird die Hitze und Feuchtigkeit bald nicht mehr zu ertragen sein. future temp in southwest Asia projected to exceed threshold for human adaptibility (die zukünftige Temperatur in Südwestasien wird voraussichtlich die Schwelle menschlicher Anpassungsfähigkeit überschreiten)

Die Hitze könnte in einem Jahrzehnt fast das ganze Jahr über die jetzt schon öfter erreichten, unerträglichen 45 °C und mehr erreichen.

Aber auch da, wo es immer kalt war und immer noch relativ kalt ist, brennt die Welt lichterloh. In Kanada, dem Norden der Vereinigten Staaten, in Eurasien gehen die Wälder, die ein Drittel des Weltwaldbestandes ausmachen, überraschend stark zurück. Man hat dies zuerst am zunehmenden Wegsterben des Elches festgestellt und nimmt mittlerweile an, dass sein gesamtes Ökosystem, der nördliche Wald, tiefen Veränderungen unterworfen ist, da die Durchschnittstemperatur gerade in den Polregionen und im Norden doppelt so stark zugenommen hat, wie im Rest der Welt. dramatischer Rückgang der nördlichen Wälder der Welt

Damit einher gehen die längst bekannten, aber selbst vom UN Klimarat immer noch nicht ausreichend berücksichtigten Feedback-Gefahren der Methanemissionen als Folge des Tauens der Permafrost-Regionen. Methan-Emmissionen-Gefahr

Und schließlich verweist Dahr Jamail darauf, dass und wie die Welt durch Wasser brennt, durch die vom El Nino ausgelösten sintflutartigen Regenfälle in Südkalifornien, Mexiko, Jemen zum aktuellsten Beispiel, aber auch und langfristig mit noch dramatischeren Folgen durch das Ansteigen der Meere aufgrund des beschleunigten Schmelzens der Eiskappen Grönlands und der Antarktis. Siehe: Das schmelzende Antarktiseis könnte zu einem Meeresanstieg von 3 Metern führen und Der schnelle Rückzug des Zachariae Isström im Nordosten Grönlands